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Umgang mit Wut

Wie wir FÜR statt AUS der Wut sprechen und handeln können.

Umgang mit Wut

Die Wut oder auch der verwandte Ärger sind normale Gefühle, die zum Menschsein gehören. Doch sind wir oft der Meinung, dass wir sie nicht haben dürfen. Wir verdrängen oder verleugnen sie, die Wutgefühle gehen so nicht weg, sondern wirken umso stärker aus dem Untergrund.

Wutgefühle sind grundsätzlich Kräfte, die uns bei Ungerechtigkeit oder wenn unsere Grenzen nicht respektiert werden, helfen und schützen. Die Wut dient dazu, für uns einzustehen, uns durchzusetzen und Nein zu sagen. In solchen Situationen ist die Wut das primäre Gefühl und als solches wichtig und notwendig.

Oft steckt hinter unseren Wutgefühlen ein weiteres Gefühl, die Wut ist in diesem Falle lediglich ein sekundäres Gefühl.

Wir flüchten in die Wut, um eine andere Emotion nicht fühlen zu müssen: z.B. Verlassenheit, Ausgrenzung, Nichtbeachtung, Trauer, Hilflosigkeit usw.

Die Wut erscheint attraktiv, denn wir fühlen uns damit lebendig und kraftvoll. Sie gibt uns ein Gefühl von Macht und Selbstsicherheit, doch gleichzeitig nähren wir sie.

Manchmal haben unsere Wutgefühle keinen direkten Bezug zur aktuellen Situation, sie sind gekoppelt an Situationen aus der Vergangenheit und tauchen über einen Auslöser (Trigger) in der Gegenwart wieder auf.

 

Wut tut nicht immer gut

Wenn wir AUS der Wut heraus sprechen oder reagieren, ist sie uns nicht immer dienlich. Sie blockiert oder verhindert Beziehungen und echte Verbundenheit. Die Annahme, dass wenn wir die Wut rauslassen, dann Ruhe und Frieden einkehrt, stimmt nicht. Die Forschung zeigt, dass sich das Gefühl von Alleinsein und Unverbundenheit verstärkt und die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Wutausbruches sogar erhöht.

Wenn die Wut die Funktion hat, etwas anderes zu verdecken, können wir tiefer gehen, um zu erfahren, worum es wirklich geht. Sprechen wir dann FÜR die Wut, also auch die Bedürfnisse dahinter, bekommen Gespräche und unsere Beziehungen eine ganz andere Qualität und neue Lösungen werden möglich.

 

Wie finden wir einen guten Umgang mit der Wut?

 

1. Tiefer gehen

Wenn wir in die Tiefe gehen und unsere Emotionen erforschen, wird Veränderung möglich. Diese Fragen zur Selbstreflexion helfen dazu:

  • Worum geht es in dieser Situation eigentlich? Die Wut respektive der Ärger fühlt sich richtig an, doch gibt es da noch eine weitere Schicht?
  • Was steckt hinter der Wut (Bedürfnis, Emotion)?
  • Woher kommt dieses Gefühl? Hat es etwas mit der jetzigen Situation zu tun oder kommt es von früher?
  • Wovor will die Wut mich schützen? Dass ich welche Gefühle nicht spüren muss (z.B. Verlassenheit, Trauer, Ausgrenzung, Hilflosigkeit usw.)?
  • Was will die Wut von mir?

 

2. Fühlen

Sind wir den eigentlichen Gefühlen hinter der Wut auf die Spur gekommen, können wir diesen jetzt den nötigen Raum geben; durch das Fühlen des Schmerzens und was man gebraucht hätte. Wutgefühle lösen sich durch Selbstmitgefühl und einen freundlichen, wohlwollenden Umgang, nicht durch Aggression.

Für Menschen, die sich (noch) nicht gut selbst regulieren können, oder solche mit traumatischen Erfahrungen kann eine Begleitung durch eine Vertrauensperson bei diesem Prozess sinnvoll sein.

 

3. Sich kümmern

Bei Wutgefühlen und im Stress reagieren wir, respektive unser Nervensystem, mit Kampf, Flucht oder Erstarrung. Wissenschaftler haben eine weitere Reaktion auf Stress entdeckt: «Tend and befriend» – Sich kümmern und behilflich sein. So können wir lernen, uns um uns selbst zu kümmern, uns selbst wohlwollender und freundlicher zu begegnen. Anstatt zu denken, «ich bin nicht OK, ich sollte mich ändern».

Ein erster Schritt kann das freundliche Erforschen unserer Gedanken und inneren Dialoge sein. Reden wir mit uns selbst, wie wir mit einem Freund oder einer Freundin sprechen würden? Oder sind wir zu selbstkritisch und streng mit uns selbst? Es geht hier um einen achtsamen und liebevollen Blick auf uns selbst.

Diese Haltung ist nicht egoistisch, denn je freundlicher und offener wir mit uns selbst umgehen, desto näher fühlen wir uns mit anderen und dem Rest der Welt. Die Wut kann sich in etwas Positives wandeln, wenn wir nicht gegen sie ankämpfen oder sie verdrängen.

 

Welchen Wolf fütterst du?

Diese Geschichte verdeutlicht, wie wir die Waage der Gefühle zum Positiven hin verschieben können.

Eines Abends erzählte ein alter Cherokee-Indianer seinem Enkel vom Kampf, der im Inneren der Menschen tobt. Er sagte: „Mein Sohn, dieser Kampf findet zwischen den beiden Wölfen statt, die in jedem von uns wohnen.

Der eine Wolf ist das Böse. Er ist Wut, Neid, Eifersucht, Kummer und Sorgen, Bedauern, Habgier, Arroganz, Selbstmitleid, Feindseligkeit, Minderwertigkeitskomplexe, Lügen, falscher Stolz, Überheblichkeit und Ego.

Der andere ist das Gute. Er ist Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Gelassenheit, Demut, Freundlichkeit, Wohlwollen, Einfühlungsvermögen, Grosszügigkeit, Wahrheit, Mitgefühl und Vertrauen“.

Der Enkel dachte einen Augenblick nach und fragte dann seinen Grossvater: „Welcher Wolf gewinnt?“

Der alte Cherokee antwortete: „Der, den du fütterst.“

 

 

Bild: © Luca Iaconelli / unsplash.com

Sehnst du dich nach innerer Ruhe?